Nicola Hanke

Mathias Otto

Clemens Heinl

Franz, 2010, Eiche / Bronze, 180 cm

Weiblicher Akt, 2010, Pappel, 55cm

Männlicher Akt, 2008, Pappel, 175 cm.


Clemens Heinl

Die lebensgroßen Holzskulpturen des Bildhauers Clemens Heinl treten dem Betrachter auf Augenhöhe entgegen. Damit bilden sie ein Gegenüber, mit dem der Herantretende agieren kann. Sie werden betrachtet und blicken zurück, eine scheinbar stille Kommunikation entsteht. Die rau bearbeiteten Oberflächen bieten dem Auge zahlreiche Reize, die ungemein zur Verlebendigung der Figuren beitragen. Diese Bearbeitungsspuren sind darin begründet, dass der Künstler seine Skulpturen mit der Kettensäge schafft und formt. Vor diesem Hintergrund wirken seine Arbeiten erstaunlich glatt, lässt dieses Gerät doch vermeintlich nur eine sehr grobe Bearbeitung zu. Hierin offenbart sich das große handwerkliche Geschick von Clemens Heinl, mit einem derart schweren, vielleicht auch unhandlichen Werkzeug mitunter doch solch feine und präzise Akzente zu setzen. Das Material Holz und vor allem das figürliche Motiv in Holz sind sehr traditionell. Vor allem im Mittelalter entstanden eine Vielzahl geschnitzter Holzskulpturen für den sakralen Bereich. Clemens Heinl steht in der Tradition figurativ arbeitender Bildhauer, die sich immer wieder durch alle Epochen mit dem Menschenbildnis auseinander gesetzt haben. Er verbindet dieses klassische Material jedoch mit modernen Bearbeitungsmethoden und überführt es somit ins neue Zeitalter. Die Formfindungen des Künstlers sind Porträts von Menschen seines engeren Umfeldes. Der
Begriff „Porträt“ bringt nun mit sich, dass es sich hier nicht um reine Erfi ndungen des Künstlers handelt, sondern jede seiner Figuren ist individualisiert statt typisiert. Die Einzigartigkeit eines Menschen findet sich in seinem Porträt. Dabei geht es nicht nur um seine äußere Erscheinung, also die körperliche Ähnlichkeit, sondern auch um den Versuch, seinem Wesen, also seiner Persönlichkeit, und seelischen Befindlichkeiten Gestalt zu geben. Dies alles kann sich in der Mimik, der Physiognomie an sich, aber auch der Körperhaltung und auch Körperform zum Ausdruck bringen. Für Clemens Heinl ist vor allem der Kopf entscheidend, der Körper wird zum Sockel für das Porträt. Für den Kopf ,wird dann auch zusätzlich ein Stecheisen eingesetzt, um Augen, Mund, Ohren oder Nase genauer auszuformen. Bei den Textilien, bleibt es bei der Bearbeitung mit der Kettensäge, auf diese Weise kommt auch die Stofflichkeit besser zum Ausdruck. Zuweilen können die Bestandteile des Körpers, die von der Kleidung frei liegen, auch aus Bronze bestehen. Hatte das traditionelle Porträt vor allem memorialen Charakter, scheint es sich bei den Skulpturen von Clemens Heinl um etwas anderes zu handeln. Der Körper dient dem Porträt als Sockel, doch ist er nicht unwichtig. Der Künstler hat Interesse an Körperlichkeit, sehr großes sogar, denn seine Figuren erlangen ungemeine Präsenz.
Seine Körper sind nicht perfekt, d. h. sie entsprechen nicht dem Idealbild der heutigen Zeit. Dieses Idealbild ist zum Vorbild, ja zum modernen Götzenbild verkommen. Clemens Heinl stellt dem seine Skulpturen entgegen, die gerade wegen ihrer Unvollkommenheit Authentizität und Echtheit entwickeln, die Charakter haben und die Verschiedenheit menschlicher Erscheinungen wiedergeben. Aufgrund dessen kann sich auch der Betrachter mit ihnen identifi zieren, weil sie ihm gerade nicht als unerreichbares Leitbild begegnen. So glättet der Künstler auch bewusst nicht die Oberfl ächen, denn auf vollkommene Perfektion kommt es ihm nicht an – zumindest nicht auf diese Art von Perfektion. Seine Figuren sind auf andere Weise vollkommen. Ihnen ist nichts hinzuzufügen, sie sind mit all ihren Ecken und Kanten ästhetisch schön geformt. Zudem kann in den Bearbeitungsspuren die Hand des Künstlers ganz unmittelbar nachverfolgt werden. Das Material tritt in Erscheinung, wird nicht verleugnet. Holz ist lebendig, durch Witterung entstehende Risse sollen sichtbar bleiben und gehören zur Figur. Ebenso materialgegebene Charakteristika wie Astlöcher oder ungleichmäßige Maserung und Färbung sind natürlich und werden nicht verborgen. Diese Merkmale des Rohstoffs gehen mit den Porträtzügen und Körperformen eine Symbiose ein, Material und Motiv verschmelzen. Viele seiner Arbeiten sind farbig gefasst. Aber auch hier tritt noch deutlich das Material mit all seinen Eigenarten und Bearbeitungsspuren zum Vorschein. Das Kolorit belebt die Figuren, strebt der Künstler doch nach realistischen Farbzuweisungen und bringt damit die leblose Figur im Erscheinungsbild nah an die Realität des Betrachters heran. Das Material wirkt mit der Farbe weniger nackt. Gemeint ist hier nicht Nacktheit im Sinne eines Aktes, sondern die eintönige Blässe des frisch bearbeiteten Holzes. Die Farbe vermag Oberflächenkontraste stärker hervor zu heben, zudem erhält die Figur mit der farbigen Fassung eine Abgeschlossenheit, sie steht damit fertig im Raum. Außer der Kleidung ist den Figuren nichts beigegeben, manche stehen vollkommen nackt. Sie sind anekdotenlos, der Betrachterblick konzentriert sich nur auf die Pose, die Körperformen, die Farbigkeit und natürlich die Gesichtszüge und die Beschaffenheit des Holzes. Bei den Skulpturen von Clemens Heinl trifft damit handwerkliches Können auf höchste plastische Ausdrucksstärke.

Clemens Heinl wurde 1959 in Schwabach geboren. Nach einer Ausbildung und Tätigkeit als Orthopädiemechaniker folgte zwischen 1986 und 1992 ein Studium der Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste in Nürnberg. Ab 1991 war er Meisterschüler bei Prof. Wilhelm Uhlig. Seit 1992 ist Clemens Heinl als freischaffender Bildhauer in Schwabach tätig und ist seit 1991 auf zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland vertreten, u. a. in der Galerie des Bezirks Limosin in Paris, in der Nationalgalerie Skopje in Mazedonien, im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München, im Fine Art Institut in Shenzhen, China, im Ludwig-Dörfl er-Museum in Schillingsfürst und in der Galerie Z Nijmegen, Niederlande.