Mathias Otto

Marina Schulze

Kim Reuter

Ohne Titel 201012, 2010, Eitempera auf Leinwand, 1

Ohne Titel 201019, 2010, Eitempera auf Leinwand, 2

Ohne Titel 201016, 2010, Eitempera auf Leinwand, 1

Ohne Titel, 2009, Eitempera auf Leinwand, 40 x 50

Ohne Titel 200419, 2004, Eitempera auf Leinwand, 5


Kim Reuter

Die Künstlerin Kim Reuter hat in ihren Bildern einen ganz eigenen Stil gefunden. Zeichnerische Elemente treten dabei in den Hintergrund, die Farbe wird zum Gestaltungsmittel. Die Wirkung desLichts tritt in den Vordergrund, impressionistisch anmutende Farbakzente und leuchtende Refl exionen bestimmen die Arbeiten. Der Farbeindruck ist in zuvor sorgfältig angemischte Farben zerlegt und nebeneinander in Farbfeldern auf der Leinwand verteilt. Der lockere Pinselduktus formt sowohl flächigere Partien aus längeren Strichen, als auch die Muster einer Jacke oder das Laub eines Baumes aus aneinander gesetzten Tupfen. Die Formen der einzelnen Bildelemente sind erfasst und die Konturen gelöst, was die Flüchtigkeit des Eindrucks verdeutlicht. Die Künstlerin stellt ihre Farben selbst her. Es ist Eitempera, die matt auf dem Malgrund liegt. Diese Wahl der Technik trägt auch zur Ausprägung des Stils bei. Denn Eitempera trocknet schnell und wird daher auf der Leinwand nicht wie Ölfarbe ineinander verstrichen. So stoßen bei Kim Reuter kleine Flächen aneinander, harte Kanten bilden sich aus. Es ist eine flüssige, schnelle Malerei, die auch mal die Hintergründe stärker auflöst, um die Figur im Vordergrund präzise und detailliert heraus zu stellen. Die Motive sind schlicht, drängen sich dem Betrachter nicht auf. Diese Bilder überschwemmen nicht mit Eindrücken, die Stille der Landschaft und der in der Bewegung verharrenden oder ruhig gehenden Figuren überträgt sich auf den Betrachter und bildet einen Gegensatz zur alltäglichen Reizüberfl utung der heutigen Zeit. Die Figuren sind auf einem Spaziergang am See, im Park oder im Wald. Die meisten wenden den Blick ab und scheinen nur mit sich und der umgebenden Natur beschäftigt; in Gedanken versunken nehmen sie den Betrachter nicht wahr. Die meisten Gemälde von Kim Reuter zeigen nur eine einzige Figur. Diese ist jedoch nicht isoliert im Raum verortet, sondern es gelingt durch die spezielle Malweise, alle Bildgründe und -elemente miteinander zu verbinden. In ihren Arbeiten geht es der Künstlerin um die Einbettung dieser Einzelfi gur in die Landschaft, um das Wechselspiel und formale Verhältnis von Figur und umgebendem Raum. Damit überfrachtet die Künstlerin ihre Bilder nicht mir Protagonisten, die ganze Intensität wird in einen Hauptakteur gelegt. Im Übrigen handelt es sich hierbei stets um enge Familienmitglieder: ihren Sohn, ihre Tochter und hren Ehemann. Vielleicht lassen sich gerade deshalb die intimen Stimmungen, die in dieser Vereinzelung und Gedankenverlorenheit liegen, so stark nachspüren und mitfühlen, weil die starke Bindung der Künstlerin zu ihren Figuren zu ahnen ist. Die Bilder erzählen keine Geschichten, viel wichtiger ist die Atmosphäre. Diese wird durch das Licht der verschiedenen Tages- und Jahreszeiten bestimmt. Das frische Sommerlicht ist für die Künstlerin dabei ebenso reizvoll und interessant wie das trübe Herbstlicht. Das Licht wird durch Farbe definiert, die Wahl des Kolorits ist das Ausschlaggebende. Kim Reuter spürt unterschiedlichen Zuständen nach, sucht nach den richtigen Farben, die eine bestimmte Stimmung ausmachen. Daher rührt auch ihr besonderer Malstil, der jedem Bildpunkt seinen Lichtwert zuweist und damit die Motive aufl öst. Die Künstlerin ermittelt genau, welche Töne nebeneinander liegen, aus welchen differenzierten Farbfl ächen ein Ausschnitt besteht. Dabei reduziert sie ihn auf die wesentlichen Farbtöne. Es entstehen Abbreviaturen, die von Nahem betrachtet fast schon abstrakten Gehalt besitzen. So ist zum Beispiel der Schnee nicht einfach eine weiße Masse, sondern zerfällt in Flächen, die genau auf ihre Farbigkeit untersucht werden. Es ergibt sich eine Vielzahl von harmonierenden Weiß-Tönen, von gebrochenem Grau-Weiß bis gelblichem Warmweiß. Diese Herangehensweise verdeutlicht, wie die Künstlerin von der Farbe und nicht von der Zeichnung, also den defi nierenden Linien eines Motivs, ausgeht. Aus diesem Grund geht es bei den Bildern von Kim Reuter vor allem immer um das Betrachten an sich, mehr als um das Interpretieren. So trägt auch keins der Bilder einen Titel, der den Betrachter schon vor dem ersten Anblick in seiner Wahrnehmung einengen würde. Einzig über den Blick transportieren sich die Empfi ndungen und wirken auf den Schauenden. Motiv und skizzenhafte Lichtmalerei, die jede Lichtform respektiert, gehen in den Bildern von Kim Reuter eine einzigartige Verbindung ein. Einzig mittels Lichtatmosphäre transportiert sie die kühler werdende Jahreszeit durch kältere Farbwerte, sonnendurchfl utete Szenerien werfen ihre Wärme auf den Betrachter zurück. Die verbindenden und konzentrierenden Eigenschaften des Lichts sind es, die jedes dieser Bilder für sich in der Geschlossenheit präsentieren. Ist das Motiv auf dem Malgrund erstarrt, so scheint es doch nicht leblos. Die vielen kleinen Farbfl ächen, die wie eine harmonische Melodie zusammenklingen, bringen es zum Leben. Lautlos breiten sich die Bilder vor dem Betrachter aus, der die Atmosphäre dieser unaufgeregten Szenerien aus der Umwelt der Künstlerin nachfühlen kann.

Kim Reuter wurde 1971 in Thurrock/Essex in England, geboren. Von 1990 bis 1993 studierte sie Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Bonn und 1993 bis 1999 Freie Kunst und Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf. Sie erhielt im Jahre 1998 ein Reisestipendium des Düsseldorfer Kunstvereins und der Stadtsparkasse Düsseldorf und 1999 ihren Akademiebrief als Meisterschülerin von Prof. A. Hüppi. Das Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds bekam sie 2003, im gleichen Jahr den Preis der ADD Trier für „Vorbildliches Bauen im ländlichen Raum“ für den Entwurf eines Wohn- und Atelierhauses mit Detlef Reuter. Seit 1998 ist Kim Reuter auf zahlreichen Ausstellungen vertreten.